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Inhalt dieser Seite:
1. Philosophie im Trend (Überblick über Versuche der Philosophie neue Aktualität abzugewinnen)
2. Thesen zur Bedeutung der Philosophie
 
 
1. Philosophie im Trend
 
Welche Funktion und Bedeutung haben heute Philosophie und Philosophen außerhalb des akademischen Terrains? Die Arbeit der Lebensdeutung und Lebensbewältigung scheinen sie völlig an die Psychologen abgetreten zu haben. In der Zeitschrift "Psychologie heute" z.B. werden Themen wie "Glück", "Spiritualität" und "Weisheit" aufbereitet.
Gelegentlich tut sich ein Tor für philosophische Reflexionen auf: In der Süddeutschen Zeitung erschien zum Jahreswechsel 2002/03 in der Wochendbeilage ein Artikel, in dem ein philosophisches Patchwork zur Bewältigung des neuen Jahres geboten wird. In einem locker-lässigen Ton werden verschiedene Denker mit ihren Grundsätzen präsentiert. Es sind bedenkenswerte Grundsätze, die uns an die Hand gegeben werden, wenn auch das Fazit recht bescheiden ausfällt: "Überstehen ist alles." Zeigt sich in diesem Artikel schon ein neues Profil von Philosophie in der Öffentlichkeit? Gewinnt Philosophie so eine neue Brauchbarkeit?
Für Öffentlichkeit sorgt sonst auch Peter Sloterdijk, der im ZDF zu Schlafenszeit philo-sophische Themen im Quartett - eine durchaus sehenswerte Sendung - erörtert und der auch sonst mit provokanten Thesen Schlagzeilen macht. Und auch Sloterdijk ist es, der mit seiner dunklen Sprache und geschraubten Ausdrucksweise das Vorurteil zu bestätigen scheint, dass Philosophie eine gewisse Exklusivität und abgehobene Unverständ-lichkeit an sich habe. Sloterdijk wurde dafür inzwischen kräftig gescholten  und u.a. als "Herr der Blasen" bezeichnet.
Doch in der Gegenwart zeichnet sich ein Trend ab, der dieser Sicht von Philosophie zu-widerläuft. Durch den Hinweis auf eine Reihe von Büchern soll dies belegt werden. Die Autoren dieser Bücher suchen im Gegensatz zu manch elitären Denkern die Nähe zum konkreten Leben und wenden sich damit an eine größere Leserschaft.
-        Philosophische Hilfen kann sich der Ratsuchende z.B. bei Unbeliebtheit, bei Geldmangel oder auch bei gebrochenem Herzen in dem Buch "Trost der Philosophie" (Alain de Botton) holen: Eine mit leichter Hand geschriebene "Gebrauchsanweisung" mit vielen kleinformatigen, zu den Erzählungen, zu den philosophischen Themen passenden (oft überflüssigen, aber immer reizvollen) Abbildungen. Eine entsprechende Fernsehsendung lief in der BBC.
 
-        Kay Hoffman empfiehlt "Bei Liebeskummer Sokrates" - so der Titel ihres Bu-ches: Eine praktische Philosophie für den Alltag. Hinter dem Titel, der etwas anbie-dernd wirkt, verbirgt sich ein gescheites, von Lebenserfahrung und philosophischem Elan getragenes Buch, das erfreulicherweise auch die Handschrift einer Frau verrät: Aristoteles z.B. wird ein männlicher Ordnungswahn unterstellt, während die Autorin es lieber mit dem kreativen Chaos hält.
 
-        Wer sich für das neue Jahrhundert philosophisch rüsten will, ist bei Lutz von Werder an der richtigen Adresse:  "Lehrbuch der Philosophischen Lebenskunst für das 21. Jahrhundert" heißt sein Werk, dem fünf andere, wie z.B. "Ängstige dich nicht - schreibe!" vorangegangen sind. Es stellt eine umfangreiche Materialsammlung dar, ein reichhaltiges Angebot an Methoden und Themen für den philosophi-schen Praktiker. Doch bei der Fülle des Angebots vermisst man die tiefere Durch-dringung.
 
-        Auch für "Dummies" erschien ein philosophisches Handbuch (Tom Morris). Es ist die Summe einer langjährigen Lehrtätigkeit im Umgang mit jungen Studierenden. Die gängigen philosophischen Themen sind übersichtlich aufbereitet, doch die Denkarbeit bleibt dem Leser trotz aller unterhaltsamen Einschübe nicht erspart. Unter den zehn großen Philosophen, die Morris in eigenen Porträts vorstellt werden, stoßen wir auch auf Wilhelm von Ockham. Wir erfahren, dass er der einzige der großen Philosophen sei, dessen Grabstätte durch eine Tafel in einer deutschen Tiefgarage (in München!) markiert wird.
 
-        Wilhelm Schmid bietet zwar eine "Philosophie der Lebenskunst", also eine the-oretische Reflexion und keine "Philosophie als Lebenskunst", aber indem sein Werk "auseinanderlegt", was für eine reflektierte Lebensführung "optativ" von Bedeutung ist, leistet er doch Lebenshilfe. Im 2. Teil seines Werkes spricht Schmid konkrete Themen an. So überdenkt er z.B. den "Sinn von Schmerzen" und handelt "von der Kunst des Zorns" oder unter ökologischen Gesichtspunkten von dem "Haus, in dem wir wohnen".  Obwohl wir im Werk von W. Schmid eine sorgfältig ausgearbeitete philosophische Abhandlung vor uns haben,  die für eine begrenzte Leserschar be-stimmt ist, erzielte das Buch innerhalb von drei Jahren acht Auflagen. Die Vermu-tung liegt nahe, dass der Titel des Buches eine Thematik signalisiert, die große Re-sonanz findet.
 
-        Von einem Titel "Philosophische Gottsuche" erwartet man in erster Linie Spekulationen zu einem Thema, bei dem die Begrifflichkeit sich selber außer Kraft setzt und das Denken letztlich in die Vergeblichkeit führt. Zwei Besonderheiten heben das Werk von Wolfgang G. Esser von vergleichbaren ab: Die "neuen" Denkströmungen, welche sich vor allem auf die mystischen Traditionen und auf die "östliche" Spiritualität beziehen, nehmen in der Darstellung einen zentralen Platz ein, und, was in unserem Kontext bedeutsam ist, bei aller begrifflichen Differenzierung bleibt der Blick auf die "Lebensführung" frei. Bei Nietzsche z.B. wird von der "Lebenskunst des neuen Menschen" gesprochen. Wie Esser auch dem Denken von Skrates eine beispielhafte Spiritualität abgewinnt, soll weiter unten gezeigt werden.
 
-        Und nicht zu vergessen das Buch, das inzwischen schon zu den Klassikern zählt: "Sofies Welt" von Jostein Gaarder, der einem breiten Publikum wieder Zugang zu philosophischer Lektüre vermittelte.
 
Der Umgang mit dem Medium ‚Buch' bleibt meist ein "Gespräch" ohne Begegnung. Philosophie hat jedoch ihren genuinen Platz im echten Dialog. Und auch dafür gibt es heute vielfältige Angebote:
Lebensdeutung und Lebensberatung "live" bieten die Philosophischen Praxen. Die erste dieser Art wurde von Gerd Achenbach, der "Galionfigur der Zunft", bereits 1987 ins Leben gerufen. Im Internet  werden für Deutschland 44 Praxen aufgelistet, davon allein vier in München und vier weitere im übrigen Bayern, darunter auch drei, die von Philosophinnen betrieben werden.
Philosophische Cafès  sind in einigen Orten zur Institution geworden. Im süddeutschen Raum ist hauptsächlich Peter Vollbrecht als Initiator (z. B. in Augsburg und Nürnberg) und als "Reisender in Sachen Philosophie" unterwegs. 
Einzigartig ist die Lebendigkeit von Philosophie in München. Auch das akademische Angebot wird von einer breiten Öffentlichkeit wahrgenommen. Neben den erwähnten Praxen gibt es bemerkenswerte "freie" Aktivitäten: Der Verein "Die Philosophen" , der "Nietzsche-Kreis", das "Freie philosophische Zentrum" und der "Philosophische Stamm-tisch".
Auch an den VHS hat die Philosophie seinen, allerdings bescheidenen Platz. Die dort gebotene Vermittlung von Philosophie wird von den praxis-orientierten Philosophen z.T. gescholten als lebensferne Denkübung.
 
Trotz allem: Nie werden die "praktischen" Philosophen die Popularität der Psychologen erreichen. Philosophie hat es immer mit Grund-Sätzen, mit Voraussetzungen und mit Begründungen zu tun, die bis an die Grenzen vorangetrieben werden. Eine gewisse Ferne vom Alltagsgeschäft ist damit impliziert. Philosophie bleibt im Allgemeinen und im Grundsätzlichen beheimatet. Immer wird die thrakische Sklavin, die über Thales lachte, als er den Blick auf die Gestirne gerichtet in einen Brunnen stürzte, kopfschüttelnd auf die Philosophen schauen. Und wenn die Philosophen, die heute auf die "Marktplätze" gehen, mit dieser Sklavin  bei Gelegenheit auch mitlachen können, wird man sich ihnen auf dem Weg zu größerer Gelassenheit und zu größerer Freiheit unter der Führung der Vernunft getrost anvertrauen dürfen.
 
 
 
 
2. Thesen zur Bedeutung von Philosophie:
 
 
 
1. Philosophie setzt dort ein, wo das Wissen, das auf Bewältigung aus ist, nicht mehr weiter weiß. (Kay Hoffman)
2.  Jeder kann sein eigener Philosoph werden. Aber die richtige Lebensphilosophie zu finden ist eine Lebenskunst. Grundlage ist der Glaube an die Vernunft und an den Dialog. (Kay Hoffman)
3.  Philosophieren ist der Versuch, dem Geschehen welcher Art auch immer einen Sinn zu geben, ohne der Vernunft das Vertrauen zu entziehen. (Kay Hoffman)
4.  Philosophie vermittelt die Erlaubnis, sich im Nichtwissen zu beheimaten. (K. Hoffman)
 
5.  Philosophie soll dazu führen - wie bei Sokrates -, unter allen Umständen glücklich zu sein. (Pierre Hadot)
6.  Philosophieren heißt, sich selbst in Frage zu stellen, weil man das Gefühl hat, nicht zu sein, was man sein sollte. (Pierre Hadot)
7.  Philosophie ist die Kunst, sterben zu lernen. Ziel ist ein "gutes" Leben mit der Überzeugung, dass dem Guten, weil die Gottheit ihn führt, letztlich kein Übel zustößt. (Platon / Sokrates)
 
8.  Das Staunen ist das Fundament der ganzen Philosophie; ihr Fortschreiten geschieht durch das fortgesetzte Untersuchen der Dinge; ihr Ende schließlich ist die Unwissenheit. (Tom Morris: Montaigne)
9.  Philosophie ist ein Bündel von existentiellen Lebenspraktiken. Jeder hat seine eigenen Philosophie. Wir haben nur die Wahl zwischen einer schlechten und einer guten Philosophie. (Tom Morris)
 
10.  Aufgabe der Philosophie ist die grundlegende Beantwortung von grundlegenden Fragen. Methode: - arbeitet nur mit Mitteln der allg. Menschvernunft mit (sachgerechten) Begriffen, mit (widerspruchsfreien) Gründen und Argumenten, und mit elementaren Erfahrungen. Gesucht wird allgemeine Gültigkeit oder zumindest deren "kleine Schwester" die allgemeine Überprüfbarkeit. (Otfried Höffe)
 
11.  Die Philosophiegeschichte bietet komplexe, vielfältige, unüberschaubare und schwer verständliche Systeme. Die Philosophie will Wahrheit, aber sie kann sie nicht bieten. So bleibt die Forderung nach Wahrhaftigkeit. (Karl Jaspers)
12.  Das Philosophieren hat gleichsam zwei Flügel, der eine schlägt in der Kraft des unmittelbaren Denkens, in der Lehre des Allgemeinen, der andere schlägt mit solchem Denken in der Existenz des einzelnen. -  Philosophie führt dorthin, wo jeder einzelne sich geschenkt wird. (Karl Jaspers)
 
13.  Die Philosophie besteht hauptsächlich darin, dass ein Philosoph behauptet, alle anderen Philosophen seien Dummköpfe. Meistens kann er dies sogar beweisen. Ich sollte allerdings hinzufügen, dass er damit normalerweise im gleichen Zug beweist, dass er selbst auch ein solcher ist. -  Es gibt in der menschlichen Geschichte keinen Hinweis darauf, dass es je einen glücklichen Philosophen gegeben hat (H. L. Mencken). Tom Morris: Aber denken Sie daran, dass diese Leute nie mich getroffen haben.
 
14.  Voltaire: Wenn der, der zuhört, nicht weiß, was der, der spricht, meint, und wenn der, der spricht, selbst nicht weiß, was sein Sprechen bedeutet - das ist Philosophie.
 
 



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